Normalerweise starten wir unseren Marktkommentar mit einem Rückblick auf den vergangenen Monat. Allerdings ist in den ersten Tagen im November bereits so viel geschehen, dass wir uns etwas ausführlicher mit den aktuellen Ereignissen und deren Auswirkungen auf Ihr Portfolio befassen möchten.
Die Ende September durchgeführten Leitzinssenkungen der Notenbanken und die im Oktober angekündigten Konjunkturmaßnahmen in China führten zunächst zu dem erhofften Aufschwung an den Aktienmärkten, ehe in Erwartung der US-Wahlen Gewinnmitnahmen einsetzten und schließlich per saldo lediglich eine Seitwärtsbewegung bei den großen Leitindizes als Monatsergebnis zu verzeichnen war.
Hier macht sich der schon mehrfach thematisierte Fokus auf wenige hochgewichtete Werte in den Indizes bemerkbar. Denn wie sehr einzelne Titel die Entwicklung eines Indexkorbes beeinflussen können, sieht man nicht nur anhand der „Glorreichen Sieben“ in den USA, sondern auch im DAX: Seit Jahresanfang stehen hier etwa 14% Plus zu Buche, was erst einmal erfreulich ist. Doch etwa zwei Drittel dieses Zuwachses sind auf die Entwicklung bei SAP zurückzuführen, die mit ca. 15% im Index gewichtet ist und rund 60% Kursgewinn verzeichnete. Allein dies hat im DAX rund 9% zum Anstieg beigetragen. Etwa die Hälfte der DAX-Titel liegt in diesem Jahr im Minus, ähnlich sieht es auch in den USA aus, doch die Lage ändert sich zurzeit.
Viele Portfolios wiesen in den vergangenen Wochen trotz der Seitwärtsbewegung der großen Indizes ein positives Monatsergebnis auf. Dies liegt vor allem daran, dass die Kurse in den von den Marktteilnehmern bisher vernachlässigten Sektoren im Bereich der Nebenwerte, Schwellenländer und bei Rohstoffwerten deutlich anzogen. Diese Tendenz wird unserer Meinung nach weiter anhalten, daher werden wir diese Sektoren in den verwalteten Portfolios auch weiterhin prominent gewichten.
Zur aktuellen politischen Lage nach den US-Wahlen und dem Scheitern der Ampelkoalition wollen wir hier nicht weiter eingehen. Wir konzentrieren uns auf die Einflussfaktoren für die weitere Börsenentwicklung, auf die die politische Führung dann eventuell reagieren muss.
Das oberste Ziel der Notenbanken wird nicht mehr die Inflationsbekämpfung sein, sondern die rechtzeitige Stimulierung der Wirtschaft, um eine Rezession zu vermeiden. Hier kam es am letzten Donnerstag zu weiteren Zinssenkungen: Die schwedische Riksbank senkte ihren Leitzins um 0,5%, die Bank of England und die amerikanische Fed um jeweils 0,25%, was den Erwartungen entsprach. Auch für die kommende Sitzung der europäischen Zentralbank werden weitere Schritte erwartet.
Von niedrigeren Zinsen profitieren in erster Linie Unternehmen, denn Kredite werden günstiger und Investitionen erleichtert. Doch auch die Staatshaushalte werden entlastet, denn es müssen weniger Haushaltsmittel für den Schuldendienst eingeplant werden. Das Problem: Die Staatsschulden sind vielerorts in der Niedrigzinsphase stark angestiegen. Infolge der Corona-Maßnahmen, verfehlter Subventionspolitik, ausgeuferter Sozialmaßnahmen und zunehmender Bürokratie befinden sie sich weltweit oft auf Rekordniveau. Alleine im Oktober wurden in den USA 486 Mrd. US-Dollar neue Schulden aufgenommen, die Haushaltslage spitzt sich zu. Mittlerweile sind 36 Billionen der etwa 100 Billionen weltweiter Staatschulden von den USA ausgegeben.
Unter Präsident Trump soll es für die Bürger zusätzliche Entlastungen geben, Steuersenkungen waren ein wichtiges Wahlkampfthema. Wie die Einnahmeausfälle im Haushalt kompensiert werden sollen, ist allerdings völlig unklar. In Deutschland ist die Regierungskoalition am Festhalten der FDP an der gesetzlichen Schuldenbremse zerbrochen, die den Ausgabewünschen der beiden anderen Koalitionäre entgegenstand. Nimmt das Vertrauen der Anleger in die Solvenz der Staaten bzw. deren Währungen ab, werden Alternativen gesucht. Der jüngste Anstieg des Goldpreises dürfte auch darauf zurückzuführen sein. Der Goldminensektor ist aktuell weltweit die Branche mit den höchsten Unternehmensgewinnen. Die Berichtssaison ist im vollen Gange, die sehr guten Ergebnisse und äußerst positiven Gewinnaussichten sollten die Unterbewertung vieler Unternehmen verdeutlichen und die jüngst gestartete Kursrallye weiter beflügeln.
Ein anderes Wahlkampfthema waren die geplanten Einfuhrzölle: Unter Präsident Trump ist absehbar, dass international ausgerichtete Unternehmen, die den Großteil ihrer Geschäfte im Ausland tätigen, Belastungen durch neue Zollschranken spüren werden und sich ihre Gewinnaussichten eintrüben dürften. Profitieren sollten hingegen kleinere und mittlere Unternehmen, die fast ausschließlich im Binnenland agieren. Die amerikanischen Anleger haben auf das veränderte Umfeld bereits reagiert: In den letzten vier Wochen verzeichnete der Nebenwerteindex Russell 2000 einen Zuwachs von etwa 9%, während die S&P 500 und Dow leicht nachgaben. Umschichtungen zugunsten der äußerst günstig bewerteten Small Caps sind also bereits im Gange. In unseren verwalteten Portfolios haben wir bereits im Juli diesen Sektor beigemischt und profitieren nun von dieser Entwicklung.
In China sorgten die angekündigten Konjunkturmaßnahmen Ende September binnen weniger Tage zu enormen Kurszuwächsen, im Oktober folgte eine Konsolidierung. Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Maßnahmen fruchten könnten. Die Exporte nahmen auf Jahressicht um 12,7% zu und lagen damit mehr als doppelt so hoch wie erwartet. Die Zeichen für den weiteren Wachstumspfad Chinas stehen gut, auch hier gilt es, sowohl die konjunkturelle Entwicklung als auch die des Haushalts genau zu beobachten. Nachdem chinesische Titel in den vergangenen zwei Jahren eher wenig Beachtung bei den Anlegern fanden und daher kaum in den Portfolios vertreten waren, gehen wir auf Sicht von einer Belebung des chinesischen Aktienmarktes aus. Die damit verbundene Rückkehr internationaler Investoren sollte zu weiteren Kurszuwächsen führen.
Fazit: Wir befinden uns in einer Zeit der Neuorientierung. Viele Marktteilnehmer werden in den kommenden Wochen ihre Anlagen den neuen Gegebenheiten anpassen. Ein Favoritenwechsel scheint im Gange: Weg von oft hoch bewerteten Gewinnern der letzten Jahre hin zu den bisher verschmähten Profiteuren der kommenden Entwicklungen. In den von uns verwalteten Portfolios haben wir die zuvor genannten Sektoren prominent gewichtet und sind von den sich abzeichnenden Chancen überzeugt. Nutzen Sie die Neuorientierung der Märkte gezielt zum Einstieg oder stocken Sie bestehende Positionen auf, falls dies noch nicht geschehen sein sollte.
Gerne steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner für einen Austausch rund um das Marktgeschehen oder Fragen zu Ihren Anlagen unter 06172-76450 zur Verfügung.